Klostermedizin: traditionelles Wissen heute anwenden

Sonntag Nachmittag, 22. April 2018. Nach einem Tag gespannten Wartens auf die Prüfungsergebnisse lauter glückliche Gesichter: Wir haben alle die Abschlussprüfung in Klostermedizin bestanden. Nach acht Wochenenden über ein gutes Jahr verteilt ist uns der Abschied schwer gefallen.

Freitags nachmittags brachen meine Heilpraktiker-Kollegin Silke B. und ich gewöhnlich zusammen in Richtung Würzburg auf. Über Kitzingen ging es weiter nach Münsterschwarzach ins Hotel „Zum Benediktiner“ gleich gegenüber der Abtei Münsterschwarzach. In einem Seminarraum der Abtei fand die Fortbildung der Forschergruppe Klostermedizin zu Anfang statt; später zogen wir in die Räume der organisierenden Heilpraktiker Schule RSA in Kitzingen um.

Wir waren ein bunt gewürfelter Haufen aus Apothekern, einem Tierarzt, Lehrern, einer Chemikerin, einer weiteren Heilpraktikerin, einer Diätassistentin und an Kräutern interessierten Laien. Unsere Dozenten: Medizinhistoriker Prof. Johannes Gottfried Mayer, die Apothekerinnen Katharina Mantel und Heike Will sowie die Biochemikerin und Heilpraktikerin Iris Tappe.

Heilpflanzen richtig anwenden

Unser Dozententeam vermittelte uns eine gute Mischung aus traditionellem Heilwissen der westlichen Welt, das vor allem durch die Klostermedizin überliefert ist, und dem modernen pharmazeutischen Wissen über Pflanzenfamilien, ihre Inhaltsstoffe und deren Wirkung bei verschiedenen Krankheiten. Dazu kamen praktische Hinweise, mit welchen Zubereitungen man die fett- oder wasserlöslichen Inhaltsstoffe am besten gewinnt, wie man eine Tagesdosis berechnet oder wie man Wickel und Auflagen macht. Oft haben wir  auch selbst Hand angelegt wie am letzten Wochenende, als wir ein Zahnputzgel aus Rosmarin-Extrakt hergestellt haben. Die Kräuter für den Medizinalwein haben wir später Zuhause angesetzt und nach einer Woche verkostet. (Bitter! Es war Tausendgüldenkraut drin… Das ist verdauungsfördernd.)

Für mich war die Fortbildung ein wichtiger Schritt in Richtung „rationale Phytotherapie“. Das bedeutet: Nicht nur zu wissen, welche Kräuter bei welchen Erkrankungen helfen, sondern auch, wie viel man nehmen muss und wie man sie richtig zubereitet, damit sie ihre Wirkung bestmöglich entfalten können. Ich habe im vergangenen Jahr im Blog häufiger über Anwendungen der Klostermedizin berichtet und auch meinen Patienten für den Hausgebrauch empfohlen. Am meisten gefreut habe ich mich über das Abklingen einer chronischen Nebenhöhlenentzündung, nachdem die Patientin über mehrere Tage konsequent Auflagen mit frisch geriebenem Meerrettich gemacht hatte.

Klostergarten, Solebad und Konditorei

Nach dem Unterricht lockten – je nach Jahreszeit – der Besuch im Aqua-Sole-Bad in Kitzingen oder ein Spaziergang in der Umgebung der Abtei. Immer gut für einen Besuch war die Konditorei in Münsterschwarzach mit ihrem ausgezeichneten Kuchen, der Klosterladen der Abtei  und die Schenke zum Benedikiner. Einige Male habe ich auch im Kloster übernachtet, das mir seit vielen Jahren durch die jährlichen Exerzitien vertraut ist, habe die Vesper besucht und die Stille im Klostergarten und am Schweigeweg entlang des Bachs genossen.

Eines der Highlights war der Besuch im  Klostergarten der Oberzeller Franziskanerinnen mit Katharina Mantel, die den Garten betreut. In dem Kräutergarten gibt es einen großen, alten Salbeistrauch und Katharina erzählte uns, dass sie erst habe herausfinden müssen, wie man den Strauch beschneidet, damit er gut wächst. Das Bild, das mir in Erinnerung bleiben wird, ist die zierliche Gestalt von Katharina, wie sie zwischen den Kräuterbeeten steht, den Gürtel mit der Gartenschere umgeschnallt, und uns aus dem mittelalterlichen Text des Mönchs Wallafried Strabo vorliest:

Vorn an der Stirn des Gartens blüht leuchtend der Salbei, der süß duftet, bedeutende Kraft besitzt und heilsamen Trank gewährt. Da er sich bei vielen Leiden der Menschen als hilfreich erwies, verdient er es, sich ewig grünender Jugend zu erfreuen. Doch leidet der Strauch an innerem Streit, denn grausame Sprossen lassen den Haupttrieb verdorren, wenn man sie nicht entfernt, und bringen voller Missgunst die alten Zweige zum Absterben.

Vielleicht gibt es ja bald ein Ehemaligen-Treffen im Oberzell. Das hat Prof. Mayer beim Abschied in Aussicht gestellt. Den Klostergarten in Oberzell bei Würzburg kann man aber auch so besuchen. Vielleicht in Verbindung mit der Landesgartenschau in Würzburg, bei der es einige Vorträge von Mitgliedern der Forschergruppe Klostermedizin gibt.

 

2 Kommentare
  1. Zinaida sagte:

    Hallo,

    danke für den wertvollen Beitrag. Ich würde gerne noch wissen, wie lange die Ausbildung „“Klostermedizin““ dauert und welche Anforderungen gelten?

    LG

    Antworten

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert