Drohende Fehlgeburt: Hilft Akupunktur?

Jede zweite Fehlgeburt ist durch einen Gen-Defekt verursacht. Aber die andere Hälfte ließe sich vielleicht verhindern. Auf dem TCM-Kongress in Rothenburg hat eine neuseeländische Expertin kürzlich eine Studie vorgestellt, die zeigt: Akupunktur ist besser als nur abwarten und beobachten.

Vaginale Blutungen treten in etwa jeder fünften Frühschwangerschaft auf. Ist die Blutung nur leicht, verdoppelt sich das Risiko für eine Fehlgeburt. Bei starker Blutung ist es vervierfacht. Zusätzlich treten bei diesen Schwangeren auch im letzten Drittel der Schwangerschaft häufiger Blutungen auf. Und das Risiko für eine Frühgeburt ist erhöht.

Die Ursache für eine Fehlgeburt kann einerseits ein Gen-Defekt sein. In diesem Fall wird das Embryo abgestoßen oder es stirbt, weil es nicht überlebensfähig wäre. Aber das ist nur bei der Hälfte der Frauen mit Symptomen einer drohenden Fehlgeburt der Fall. Warum bei den anderen Frauen Blutungen oder Krämpfe auftreten, ist noch nicht ausreichend erforscht. Diskutiert werden Blutansammlungen zwischen der Eihülle und der Gebärmutter (subchorionische Hämotome). Außerdem könnten hormonelle Reaktionen in der Frühschwangerschaft der Grund sein. „Könnte man diese Ursachen beheben, nähme die Schwangerschaft vielleicht einen günstigeren Verlauf“, so die Überlegung der neuseeländischen Expertin Debra Betts.

Abwarten ist psychisch belastend

Bisher kann die westliche Medizin nichts gegen die Symptome einer drohenden Fehlgeburt unternehmen. Weder Medikamente noch Bettruhe können nachweislich die Chancen für eine Lebendgeburt erhöhen. „Für die Schwangeren ist das eine starke psychische Belastung“, weiß Debra Betts. Sie behandelt Schwangere seit mehr als 30 Jahren mit Akupunktur. „Wenn die Frauen dann von ihrem Arzt hören: Wir können nichts weiter tun als abwarten und beobachten, fühlen sie sich im Stich gelassen“, berichtete Betts kürzlich auf dem TCM-Kongress in Rothenburg.

Weil immer mehr Schwangere mit Angst vor einer Fehlgeburt hilfesuchend in ihre Praxis kamen, entschloss sie sich zu einer Machbarkeits-Studie. Ihre Fragestellung lautete: Hilft Akupunktur bei drohender Fehlgeburt?

Akupunktur bei drohender Fehlgeburt

In der Akupunktur-Gruppe nahmen vaginale Blutungen, Krämpfe und Rückenschmerzen signifikant gegenüber der Kontrollgruppe ab. Auch kam es in der Akupunktur-Gruppe zu weniger Fehlgeburten, wobei die Zahl der Teilnehmerinnen zu gering war, um daraus statistisch signifikante Schlüsse ziehen zu können. Beide Gruppen berichteten, dass Stress und Ängste während der Studie abnahmen, weil sie das Gefühl hatten, der Situation nicht so hilflos ausgeliefert zu sein.

Das Studiendesign

An der Studie nahmen 40 Schwangere teil, die in der sechsten bis elften Schwangerschaftswoche waren. Per Losverfahren wurden sie entweder der Akupunkturgruppe zugeteilt oder einer Kontrollgruppe. Die Schwangeren in der Kontrollgruppe wurden regelmäßig mit Berührung an nicht-Akupunktur-Punkten behandelt. Die Serie von Punkten war festgelegt. Dabei wurde jeder Punkt für vier Minuten gehalten. Beide Gruppen wurden zusätzlich individuell zu Ernährung und Lebensstil beraten.

In der ersten Woche wurden alle Frauen zweimal behandelt, danach einmal pro Woche bis zum Ende der 12. Schwangerschaftswoche. Die Akupunktur-Punkte wurden entsprechend der TCM-Diagnose gewählt. Zusätzliche Punkte waren erlaubt, um unterliegende Disharmonien zu behandeln. Moxibustion und Schröpfen in der Akupunktur-Gruppe ebenfalls erlaubt.

Das körperliche und emotionale Wohlbefinden wurde über einen standardisierten Fragebogen (MYMOP) abgefragt. Zusätzlich führte eine unabhängige Person semi-strukturierte Interviews mit insgesamt 11 Frauen aus beiden Gruppen.

Stress und Ängste bewältigen

Insgesamt acht Teilnehmerinnen der Studie erlitten Fehlgeburten. Davon waren drei in der Akupunktur-Gruppe und fünf in der Kontrollgruppe. Allerdings war die Teilnehmerzahl insgesamt zu gering, um daraus statistisch relevante Schlüsse zu ziehen. Leider war es auch nicht möglich, das Gewebe auf Gen-Fehler (chromosonale Anomalien) zu untersuchen.

In der Akupunktur-Gruppe waren die Frauen emotional stabiler. Sie gaben häufiger an, dass ihre Sorge wegen der Symptome abgenommen habe, als in der Kontrollgruppe. Aber auch hier müsste das Ergebnis an einer größeren Gruppe überprüft werden.

In beiden Gruppen berichteten die Teilnehmerinnen, dass die Behandlung ihnen half, Stress und Ängste zu bewältigen. Nicht zuletzt, weil sie nicht mehr das Gefühl hatten, hilflos abwarten zu müssen.

„All that happened is every time I had a bleed I’d ring my doctor and I had to go in and have my bloods taken and go for a scan. There wasn’t really anything else. It was just you’ve got to wait and see.“ (Shelly)

„Debra acknowledged how I was feeling …she was not my family. She wasn’t my friend. She was someone that knew about it.“(Kelly)

Akupunktur lindert Symptome drohender Fehlgeburt

In der Akupunktur-Gruppe berichteten die Frauen zusätzlich, dass die körperlichen Symptome, die ihnen am meisten Sorge bereiteten (Blutungen, Krämpfe, Rückenschmerzen), abnahmen oder ganz verschwanden. Dieses Ergebnis war statistisch relevant.

„The next day my bleeding stopped…yeah, I was shocked and I was really happy. I was a little bit sceptical, and I kind of was thinking oh is it all just —this acupuncture stuff, is it all just in people’s heads kind of thing, but no. I know now that it works.“ (Kelly)

„I was going through quite a lot of cramping and I had a treatment and that went away straight away, which was brilliant.“ (Jill)

Aufgrund dieser Ergebnisse kommt Debra Betts zu dem Schluss, dass weitere Studien sich lohnen. Sie würde gern herausfinden, ob sich die Linderung der Symptome für eine drohende Fehlgeburt in der Akupunktur-Gruppe bei einer größeren Zahl von Studienteilnehmern bestätigen. Und ob aufgrund dessen auch weniger Fehlgeburten auftreten.

Kräutertherapie bei drohender Fehlgeburt

Die Chinesische Medizin kennt verschiedene Kräuterrezepturen, um eine Schwangerschaft in den ersten 12 Wochen zu unterstützen. Ich wende sie in meiner Praxis für Chinesische Medizin in Frankfurt auch bei Frauen an, die im Vorfeld Fehlgeburten erlitten haben.

Referenz:

Debra Betts et al. : Does acupuncture have a role in the treatment of threatened miscarriage? Findings from a feasibility randomised trial and semi-structured participant interviews. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5055689/#MOESM1

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