Geschlechterkampf oder Yin-Yang-Harmonie?

Gestern war ich in der Geschlechterkampf-Ausstellung im Staedel-Museum. Aus vielen Bildern sprach Angst und Bedrohung. Dabei könnte es so einfach sein: Ich Yin, Du Yang.

Das Plakat am Frankfurter Holbein-Steg zeigt eine nackte, übergroße Kindfrau mit riesigen Brüsten auf einem Haufen kleiner Leichen sitzend. Die Spuren blutiger Hände kleben an ihren Schenkeln. Das verheißt nichts Gutes. Ich habe die Ausstellung besucht, weil eine Freundin es mir vorschlug. Am Abend hatte ich dann eine längere Diskussion mit einer 19jährigen Pädagogik-Studentin. Sie meinte, Unterschiede zwischen Mann und Frau seien das Ergebnis von Rollenbildern, die auf Erziehung beruhen. Das glaube ich aber nicht. Ich habe versucht, ihr das mit dem Prinzip von Yin und Yang zu erklären.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Auch ich sehe in vielen Bildern der Ausstellung Rollenzuschreibungen. Sie spiegeln Ängste wider, und sie haben oft dazu gedient, Frauen in einer unterlegenen Position zu halten. Die Frau kommt auf den meisten Bildern in der Ausstellung nicht gut weg. Als listige Verführerin bringt sie den tugendhaften Mann zu Fall. Sie besitzt Macht und deshalb muss sie böse sein. Es ist unfair, Eva die Schuld für den Sündenfall allein in die Schuhe zu schieben. Adam hätte auch nicht in den Apfel beißen müssen.

Auf anderen Bildern ist die Frau Opfer in den Klauen männlicher Monster (verkörpert durch King Kong). Sie ist erniedrigt, missbraucht, geschändet. Ihre körperliche Unterlegenheit wird brutal ausgenutzt. Und ihre angebliche geistige Unterlegenheit haben Männer wie der Psychiater Paul Möbius sogar wissenschaftlich zu belegen versucht. 1908 verfasste er die Schrift „Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes“. Sie wurde oft als Argument gegen das Frauenstudium zitiert. Das regt mich auf.

Männer und Frauen sind wie Feuer und Wasser

Trotzdem bedeutet für mich Gleichberechtigung nicht Gleichheit. Männer und Frauen sind so unterschiedlich wie Tag und Nacht, Licht und Schatten, warm und kalt, Feuer und Wasser. Sie unterliegen dem Prinzip von Yang und Yin ebenso wie alles andere in der Natur. Und wenn es gut läuft, bilden sie eine Einheit, wie im „Yin-Yang-Zeichen“ dargestellt. Schwarz und Weiß ergänzen einander zu einem Kreis, dem Symbol der Vollkommenheit.

Ich meine, Geschlechterkampf kann nur aufhören, wenn Frauen ihre Yin-Eigenschaften kultivieren und Männer ihre Yang-Eigenschaften. Felice Dunas erklärt in ihrem Buch „chinesische Liebesgeheimnisse“, worin die weibliche und männliche Kraft besteht und wie man sie stärken kann. Ein gutes Beispiel für das Zusammenwirken der Kräfte ist die Entstehung neuen Lebens: Die Frau empfängt, was der Mann ihr gibt. Sie nährt es, lässt es wachsen und gibt es in verwandelter Form dem Mann und sich selbst zurück.

Weibliche Kraft – Yin: Empfänglichkeit üben

  • nimm großzügiges Verhalten anderer an
  • lass Dich von Freunden und Freundinnen ausführen und zu Unternehmungen mitnehmen
  • achte darauf, wie es sich anfühlt, von männlichen Freunden Komplimente, Bewunderung, Berührungen oder Umarmungen zu empfangen
  • höre anderen gut zu und stelle sie ganz in den Mittelpunkt Deiner Aufmerksamkeit (oft weckt das Erzählte in uns eine Assoziation und wir sprechen sofort über unsere eigenen Themen)
  • versuche, mitfühlend zu sein und Unausgesprochenes hinter den Worten zu erspüren
  • versuche, auch für kleine Gesten der Freundlichkeit dankbar zu sein
  • erwidere das Lächeln anderer Menschen

Männliche Kraft – Yang: aufmerksames Handeln und Geben

  • Achte genau auf die Reaktionen anderer, wenn Du etwas gibst. Ist es das, was der andere will oder braucht?
  • Zahl öfter mal die Rechnung, wenn es nicht erwartet wird
  • Übernimm ehrenamtliche Aufgaben
  • Spende für Bedürftige
  • Lade Freundinnen oder Kolleginnen ein und behandle sie höflich und aufmerksam
  • Ermutige andere, Dir ihr Herz auszuschütten und versuche, ihre Gedanken und Gefühle aufmerksam zu verfolgen
  • Verbringe so viel Zeit wie möglich mit Deinen Kindern (oder unternimm ab und zu etwas mit den Kindern von Freunden oder Kollegen)
  • Frage Dich morgens beim Aufwachen: Was kann ich heute für andere tun?

Natürlich sollen Frauen auch einige Eigenschaften des Yang trainieren und Männer diejenigen des Yin. Das zeigen die Punkte in dem „Yin-Yang-Zeichen“ an. Insofern sind diese Empfehlungen auch nicht als neue Rollenbilder zu verstehen, sondern eine Einladung, das vorhandene Potential zu entfalten.

Frauen erschöpfen sich im Kampf um Gleichberechtigung viel zu oft, indem sie die Regeln der Yang-dominierten, leistungsbetonten Berufswelt befolgen.

„Die weibliche Energie reagiert empfindlich auf yang-betonte Verhaltensweisen wie Disziplin, Technik und Kontrolle. Hingegen ist […] die Lust am Experimentieren und ein sinnliches Wohlgefühl [wichtig].“

Das schreibt Maitreyi Piontek in ihrem Buch „Das Tao der weiblichen Sexualistät“. Ich finde diese Einstellung sehr befreiend.

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