Baby-Blues mit TCM vorbeugen und behandeln

Die westliche Medizin weiß bisher nur wenig über den Baby-Blues. Mit dem Erfahrungswissen der TCM kann man ihn behandeln, oder besser gleich vermeiden.

In einem Übersichtsartikel, der kürzlich in der Fachzeitschrift „Trends in Neurosciences“ erschienen ist, gaben die Autoren zu, bisher nicht allzu viel über die Ursachen der Wochenbettdepression zu wissen. Das ist bitter, denn Schätzungen zufolge leiden 10 bis 20 Prozent der Wöchnerinnen unter Ängsten oder depressiven Verstimmungen. Viele trauen sich nicht, darüber zu sprechen. Denn ihre Umgebung geht davon aus, dass die Mutterschaft eine der glücklichsten Zeiten im Leben einer Frau ist. Oft sind die Betroffenen auch zu erschöpft und niedergeschlagen, um Hilfe zu suchen.

Symptome des Baby-Blues sind:

  • Müdigkeit, Erschöpfung
  • Anhaltendes Stimmungstief
  • Überempfindlichkeit mit häufigem Weinen
  • Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit
  • Ängstlichkeit
  • Schlafstörungen
  • Appetitlosigkeit
  • Selbstzweifel

Wie die Selbsthilfeorganisation „Schatten & Licht“ betont, ist der „Baby-Blues“ ein vorübergehendes Phänomen. Es ist eine Folge der hormonellen, physischen und psychischen Umstellungen nach der Schwangerschaft und gilt nicht als behandlungsbedürftig. Davon zu unterscheiden ist eine Wochenbettdepression oder peripartale Depression. Die Betroffenen leiden zusätzlich unter weiteren Symptomen.

Symptome der Wochenbettdepression:

  • Allgemeines Desinteresse, sexuelle Unlust
  • Innere Leere
  • Zwiespältige Gefühle dem Kind gegenüber
  • Kopfschmerzen, Schwindel, Herzbeschwerden
  • Ängste, Panikattacken, Zwangsgedanken
  • Suizidgedanken

Obwohl diese Symptome denen anderer Depressionen ähneln, gibt es Hinweise dafür, dass bei Wöchnerinnen andere Gehirnareale verändert sind. Bisher gibt es nur 20 Studien, die nach Veränderungen im Gehirn depressiver Wöchnerinnen gesucht haben. Eine davon betrifft ein Gehirnareal, das mit der mütterlichen Fürsorge in Verbindung gebracht wird. (Jodi L. Pawluski, Joseph S. Lonstein, Alison S. Fleming: The Neurobiology of Postpartum Anxiety and Depression, in: Trends in Neurosciences, DOI: 10.1016/j.tins.2016.11.009.)

Die westliche Medizin behandelt Wochenbettdepression in leichten Fällen mit Psychotherapie. In schwereren Fällen werden Psychopharmaka verordnet. Es gibt Präparate, die auch während der Stillzeit genommen werden dürfen. Aber, so die Autoren, muss noch besser untersucht werden, ob und wie diese Therapien wirken.

Eine gute Anlaufstelle ist die Selbsthilfeorganisation Schatten & Licht. Sie hilft Betroffenen, in ihrer Umgebung und in verschiedenen Sprachen Selbsthilfegruppen zu finden. Und sie unterstützt bei der Suche nach einer geeigneten Behandlung.

Wochenbettdepression aus Sicht der TCM

Bei der Geburt verliert die Frau nicht nur Blut, sondern auch „Yin“ und „Jing“ (Essenz). Mit Yin ist hier körperliche Substanz gemeint: Blut und andere Köperflüssigkeiten wie Schweiß und Tränen, die Plazenta. Mit Essenz ist die Konstiution, die wir bei der Geburt von unseren Eltern erhalten (genetisch Ausstattung). Sie ist so etwas wie ein Bankkonto, dessen Guthaben im Laufe des Lebens abnimmt. Frauen verlieren Essenz durch die Monatsblutung und Geburten. Nachdem der Körper der Schwangeren das Kind über 9 Monate genährt hat, braucht er die Zeit des Wochenbetts, um seine „Energiespeicher“ wieder aufzufüllen.

In der traditionellen chinesischen Medizin spielt das Gehirn nur eine Nebenrolle. Es ist dem Funktionskreis der Niere zugeordnet – eben jenem System, das aus Sicht der TCM die Essenz von Geburt an speichert. Eine Schwäche im Funktionskreis der Niere ist oft mit Ängstlichkeit und Depression verbunden. Ist die Wöchnerin durch Schwangerschaft besonders erschöpft, kann statt des vorübergehenden Baby-Blues sich eine Wochenbettdepression auftreten.

Wenn das Herz beunruhigt ist

Das wichtigste Organ in der TCM ist aber das Herz bzw. der Funktionskreis des Herzens. Für die alten Chinesen beherbergte das Herz den Geist des Menschen. Diese Funktion erfüllt es nur, wenn es ausreichend mit Blut versorgt ist. Das Herzblut verwurzelt den Geist, umfängt und verankert ihn. So kann er ruhig und glücklich sein. (Giovanni Maciocia: Grundlagen der chinesischen Medizin, Seite 111). So ist es nicht verwunderlich, dass der Blutverlust bei einer Geburt zu Depressionen und Ängsten führen kann. Emotionaler Stress kann das Herzblut zusätzlich schwächen. Etwa die Sorge: Kann ich die neue Situation bewältigen? Oder Traurigkeit  durch den Abschied von der vorangegangenen Lebensphase. Die Symptome des Herz-Blut-Mangels stimmen mit denen des Baby-Blues fast genau überein.

Symptome eines Herz-Blut-Mangels

  • allgemeine Müdigkeit und Erschöpfung
  • Herzklopfen (eher nachmittags und abends)
  • Schwindelgefühle
  • Schlafstörungen
  • Gedächtnisschwäche
  • Angstzustände, Schreckhaftigkeit
  • Matt-blasse Gesichtsfarbe und blasse Lippen

Dem Baby-Blues vorbeugen

In den beiden letzten Monaten vor der Geburt bereiten TCM-Therapeutinnen und Therapeuten die Schwangere auf die Geburt („die große Öffnung“) und das Wochenbett („das Verschließen“) vor. Sie ermutigen die Schwangeren, sich für die Rückbildung Zeit und Ruhe zu gönnen. Dabei hilft ein Rückblich auf frühere Zeiten, wo das Wochenbett wirklich sechs Wochen Bettruhe bedeutete. Sicher spielte auch der Angst vor Infektionen, insbesondere dem Kindbettfieber, eine Rolle. Aber die Ruhezeit hatte auch den Sinn, dass die junge Mutter wieder zu Kräften kam. Sie wurde von ihrer Familie umsorgt. Die Verwandten achteten darauf, dass die Umgebung der Wöchnerin friedlich war. Heftige Gemütsbewegungen sollten von ihr fern gehalten werden.

Auch heute ist es wichtig, dass Wöchnerinnen sich vier bis sechs Wochen nach der Geburt Ruhe gönnen. Schon vor der Geburt sollte man Hilfe durch die Familie und den Freundskreis organisieren. Achtung: Erschöpfung durch zu viel Besuch vermeiden! Die Wöchnerin sollte nicht in Versuchung kommen, die Rolle der Gastgeberin zu spielen.

Während des Wochenbetts kann sich die Familie an die neue Situation gewöhnen. Die Wöchnerin hat Zeit, die Erlebnisse von Schwangerschaft und Geburt zu verarbeiten. Dazu gehört auch, sich von Teilen ihres „alten Lebens“ in Ruhe verabschieden. Gefühle von Trauer und Verlust kann sie in einem geschützten Raum zulassen und schließlich frei werden für das Neue.

Die zweite wichtige Empfehlung betrifft die Ernährung. Hier sind lang gekochte Kraftsuppen, z.B. Hühnersuppe oder Reissuppe (Congee), besonders wichtig. Sie helfen, verlorenes Blut, Yin und Essenz wieder aufzubauen. Das Geheimnis dieser Suppen ist ihre lange Kochzeit (mindestens 4 Stunden) und die Zugabe stärkender Kräuter. (Ein Rezept schicke ich auf Nachfrage gern zu.)

Wochenbettdepression behandeln

Besteht eine Depression über die Zeit des Wochenbetts hinaus (6-8 Wochen), können TCM-Therapeutinnen und Therapeuten mithilfe von Akupunktur und Kräuterrezepturen den Körper bei der Regeneration unterstützen. Zertifizierte Therapeuten in Deiner Nähe findest Du über die Therapeutenseite der AGTCM.

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