Hilft Akupunktur bei Heuschnupfen?

Ob Akupunktur bei Heuschnupfen hilft, haben zwei groß angelegte klinische Studien aus dem Jahr 2008 und 2014 untersucht. Das Ergebnis: Patienten berichteten über verbesserte Lebensqualität und nahmen weniger Antihistamin.

Heuschnupfen gehört zu den häufigsten Allergien. Schon Kinder sind betroffen. Und die Anzahl der Allergiker innerhalb der Bevölkerung nimmt mit dem Alter zu, wie eine Erhebung des Robert Koch Instituts zu Heuschnupfen zeigt. Heuschnupfen kann außerdem von weiteren Erkrankungen der Atemwege wie Stirn- und Nebenhöhlenentzündungen, Mittelohrentzündung und allergischem Asthma begleitet sein. Damit schränkt er die Lebensqualität beträchtlich ein. Zudem verursacht er wirtschaftliche Kosten durch eingeschränkte Leistungsfähigkeit und Krankschreibungen. All dies war Grund genug, die Wirkung von Akupunktur bei Heuschnupfen in klinischen Studien zu untersuchen.

Standardtherapie plus Akupunktur ist wirkungsvoller

Die erste große Studie aus dem Jahr 2008 basiert auf einer Kooperation des Instituts für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie an der Charité in Berlin mit dem Universitätskrankenhaus in Hamburg-Eppendorf und der Techniker Krankenkasse. Von den 5237 Heuschnupfenpatienten wurden 1000 per Losverfahren auf eine von zwei Gruppen verteilt: die eine erhielt die Standardtherapie, während die zweite Gruppe zusätzlich noch 15 Akupunkturbehandlungen innerhalb von drei Monaten erhielt. Die dritte und weitaus größte Gruppe war mit einer zufälligen (randomisierten) Zuteilung zu einer der beiden Gruppen nicht einverstanden. Sie wurde daher der Akupunktur-Gruppe zugeteilt.

Die Akupunktur-Punkte konnten die Therapeuten individuell und an die Situation der Patienten angepasst wählen.

Zu Beginn der Studie und jeweils nach drei und sechs Monaten wurden alle Patienten zu ihrer Lebensqualität befragt. Das geschah mithilfe zweier standardisierter Fragebögen. Sie fragten nach der die allgemeinen Lebensqualität sowie nach spezifischen Einschränkungen durch den Heuschnupfen. Das Ergebnis: Bei den Patienten, die Akupunktur erhalten hatten, verbesserte sich die Lebensqualität nach 3 Monaten stärker als bei den Patienten der Kontrollgruppe. In der Langzeitwirkung (nach sechs Monaten) ließ der Effekt nach. Das heißt: Die Unterschiede zwischen der Akupunktur-Gruppe und der Kontrollgruppe waren weniger ausgeprägt .

Das Fazit der Autoren um Prof. Benno Brinkmann von der Charité:

„Die Ergebnisse dieser Untersuchung führen die Autoren zu dem Schluss, dass eine Akupunkturtherapie zusätzlich zur Standardtherapie den Therapieerfolg klinisch relevant und anhaltend steigert.“

Referenz: Brinkhaus B, Witt C, Jena S, Liecker B, Wegscheider K, Willich S: Akupunktur bei Patienten mit allergischer Rhinitis. Eine pragmatische randomisierte Studie, in:Annals of Allergy, Asthma & Immunology, vol. 101, Nov 2008, 535-543, (englisch)

Hilft richtige Akupunktur besser als Schein-Akupunktur?

2014 prüfte Brinkhaus in einer zweiten Studie, ob es für den Erfolg der Therapie wichtig ist, die Punkte nach den Regeln der Traditionellen Chinesischen Medizin auszuwählen (Verum Akupunktur). Deshalb stach man bei den Patienten in der Kontrollgruppe unspezfische Punkte (Sham Akupunktur). Die Patienten hatten keine Vorerfahrung mit Apunktur und wussten nicht, welcher Gruppe sie zugeteilt worden waren.

Insgesamt wurden 422 Patienten mit saisonalem Heuschnupfen und nachgewiesener Allergie gegen Birken- und Gräserpollen nach dem Zufallsprinzip auf drei Gruppen verteilt. Die Akupunkturgruppe erhielt 12 Behandlungen. Dabei waren vier Akupunkturpunkte vorgegeben (Di 4, Di 11, Di 20, Yintang). Zusätzlich konnte der Behandler aus acht weiteren möglichen Punkten auswählen, die der individuellen Diagnose entsprachen. Die häufigsten TCM-Diagnosen waren „Wind-Kälte“ und „Wind-Hitze“. Bei Bedarf durften die Patienten der Akupunkturgruppe auch ein Antihistaminikum (Cetirizin) nehmen.

Die Patienten in der Schein-Akupunktur erhielten ebenfalls 12 Behandlungen. Dabei wurden die Nadeln nur sehr oberflächlich an genau vorgegebenen Nicht-Akupunktur-Punkten gestochen. Auch diese Patienten konnten Cetirizin einnehmen. Eine dritte Gruppe, die Wartelisten-Gruppe, erhielt acht Wochen lang nur das Medikament. Anschließen wurde sie mit Verum Akupunktur behandelt.

Auch in dieser Studie bewerteten die Teilnehmer den Erfolg mithilfe standardisierter Fragebögen. Ein Bogen ermittelte die Einschränkung der Lebensqualität durch Heuschnupfen, der zweite fragte ab, wie häufig die Studienteilnehmer Antihistamin eingenommen hatten. Das Ergebnis: In den ersten acht Wochen war der Verbrauch von Cetirizin (10 mg und/oder 20 mg) in der Akupunkturgruppe am niedrigsten (71 Prozent der Patienten), gefolgt von der Shein-Akupunkturgruppe (76 Prozent). In der Wartelisten-Gruppe war er mit 83 Prozent am höchsten.

„Akupunktur bietet somit in der Alltagsversorgung von Patienten mit Heuschnupfen eine wirksame Behandlung“, schließen die Autoren.

Referenz: Hummelsberger J. et al.: Akupunktur bei Patienten mit allergischer Rhinitis – Analyse der Studienintervention und Syndrommuster der randomisierten Multicenter-Studie ACUSAR, in: Chin. Medizin, U&V München, 2014; 29: Heft 2, 63-77 (deutsch)

Partner der Studie:

  • Internationale Gesellschaft für Chinesische Medizin, SMS, München
  • Klinik für Dermatologie und Allergologie an der Technischen Universität München
  • Institut für Umweltmedizin und Allergologie (Helmholtz Zentrum München/TUM, ZAUM-Zentrum für Allergologie und Umwelt, München)
  • Klinik für Anästhesiologie an Ludwig Maximilians Universität, München
  • Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur, DÄGfA, München

Gefördert wurde die Studie von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

Wie verläuft eine Behandlung?

Idealerweise beginnt man schon im Herbst, die Lunge zu stärken und das Immunsystem zu regulieren. Dann sind die Symptome im Frühjahr weniger stark. Zusätzlich zur Akupunktur verwende ich in meiner Praxis für traditionelle chinesische Medizin auch individuelle Kräuterrezepturen. Hat man die Chance im Herbst verpasst, kann man auch noch 4 Wochen vor der Hauptallergiezeit anfangen, das Immunsystem zu regulieren. Dazu eignen sich Echinacea pallida (Vorsicht bei Allergie gegen Korblütler) und Schwarzkümmelsamen. Wenn dann die Schleimhäute jucken und die Nase läuft, empfehle ich zweimal wöchentlich Akupunktur über einen Monat. Zur Stabilisierung empfiehlt es sich, danach noch einen weiteren Monat einmal pro Woche Akupunktur zu machen. Dazu ergänzend setze ich auch eine Schabemassage (Gua Sha) ein, um die Symptome zu lindern.

Bezahlt die Krankenkasse Akupunktur bei Heuschnupfen?

Manche gesetzliche Krankenkassen erstatten einen jährlichen Pauschalbetrag oder bieten Zusatzversicherungen für naturheilkundliche Behandlung an. Die Erstattung für Privatpatienten und Beamte des Bundes orientiert sich am Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker (GebüH). Dieses ist allerdings seit 1985 nicht mehr angepasst worden. Oft werden die Behandlungskosten nicht oder nur teilweise erstattet. Bitte erkundige Dich bei Deiner Krankenkasse.